Eine starke Künstlergruppe von Emigranten sorgte im Paris der 20er Jahre für Furore:
Die “Vereinigung Junger Polnischer Musiker” – l’Association des jeunes musiciens polonais wurde von etablierten Größen in der Metropole der Musik gegründet und zog hunderte Mitglieder an. Damit war es die größte Künstlervereinigung dieser Art der Geschichte.
Durch die Prominenz I. J. Paderewskis und das experimentierfreudige Umfeld der Pariser Szene (wie die Groupe des Six oder Strawinski) spielte sich ein Stück Musikgeschichte in gleich zwei europäischen Hauptstädten ab:
Warschau und Paris.
Für die zahlreichen talentierten Komponisten in Polen bot der Schritt nach Paris den Sprung in die große Musikwelt, da in der jüngst befreiten Republik zunächst der Wiederaufbau des Landes auf der Tagesordnung stand. Die Pariser Entwicklungen kehrten jedoch alsbald nach Polen zurück, was die Weichen für die weltbekannten polnischen Komponisten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte. So der Komponist und Professor Witold Maliszewski. Er stammte aus einer in der Romantik verwurzelten Generation und gewann mit seiner Suite für Cello und Klavier 1923 im A. de Smith International Competition for Composers in Paris einen Preis. Dennoch ermutigte er seine Schüler einen modernen, gar avantgardistischen Stil zu verfolgen, sein berühmtester Schüler wurde Witold Lutosławski.
Einer der ersten Komponisten der neuen Generation, der mit einem Stipendium dank Paderewski nach Paris reiste, war Aleksander Tansman im Jahr 1919 – mit bereits einigen nationalen Preisen ausgezeichnet, ebnete er den Weg für viele junge Talente, die ihm folgen sollten.
Die Gesellschaft wurde offiziell 1926 gegründet, als schon eine beachtliche Zahl polnischer Musiker und Komponisten in Paris weilte.
Dies wurde von Karol Szymanowski, der zur selben Zeit dort seine großen Bühnenwerke aufführen ließ, dokumentiert.
Er wurde 1927 zum Direktor des Warschauer Konservatoriums (Fryderyk Chopin Universität) berufen und reformierte die polnische Musikausbildung grundlegend und nachhaltig.
Ein junger Komponist der jüngten Generation Szymon Laks kam in genau jener Zeit nach Paris und lernte Szymanowski und alle anderen Größen der polnischen oder besser europäischen Musik kennen. Er sollte einer der erfolgreichsten Vertreter der jungen polnischen Musiker werden. 1932 feierte seine Sonate für Violoncello Premiere (diese konnten wir in ‘Musik auf der Schwarzen Liste’ am 24.10.2020 in Hamburg komplett hören). Die berühmtesten Musiker jener Zeit führten sie auf, sie wurde zum Erfolg bei Kritik und Publikum. Damit war das Projekt der Förderung junger polnischer Talente erfolgreich aufgegangen.
1927 bekam die Vereinigung der polnischen Musiker einen würdigen Sitz: Die brandneu eröffnete ‘Salle Pleyel’ stellte den größten und wichtigsten Konzertsaal in Paris für das ganze Jahrhundert dar.
Dies lässt die Bedeutung jener polnischen Vereinigung für das Musikleben von Paris und Europa erkennen.
Leider zerstörte der 2. Weltkrieg und die damit einhergehende rassistische Kulturvernichtung und zusätzlich Jahrzehnte der Ignoranz nach dem Krieg dieses einzigartige Projekt und sogar die Erinnerung daran.
Es lassen sich heute kaum Spuren finden.
Zahlreiche Mitglieder, die zu einem guten Teil jüdischer Herkunft waren, wurden in Frankreich verhaftet und in Konzentrationslager deportiert, wo sie ermordet wurden.
Szymon Laks überlebte Auschwitz und konnte danach seine Geschichte niederschreiben. Seine Stimme blieb jedoch lange ungehört.
PROGRAMM:
1. Witold Maliszewski (1873-1939) – Quatre morceaux pour violin et piano Op.20, No. 3 Romance (1923)
Elisabeth Kogan – Violoncello
Oskar Jezior – Klavier
2. Karol Szymanowski (1882-1937) – „Edrisi, już świt”, Akt III, aus der Oper „Król Roger” (1924)
Tim Winkelhöfer – Bariton
Sven Suchowski – Klavier
3. Ignacy Jan Paderewski (1860-1941) – 4 Lieder op. 7 (1885)
Nora Kazemieh – Mezzosopran
Julia Voropajeva – Klavier
4. Aleksander Tansman (1897-1986) – Petite Suite (1919)
Julia Voropajeva – Klavier
5. Karol Szymanowski (1882-1937) / Paweł Kochański (1887-1934)
Roxanas Lied aus Król Roger/König Roger (1924)
6. Szymon Laks (1901-1983) Suita polska/Suite polonaise (1935) 1. Satz
Duo Artemis:
Ziling Guo – Violine
Tianjiao Hong – Klavier